»Oh Mann, da habt ihr euch ja was eingebrockt.« Nachdenklich kratzte sich Patrik am Kinn. »So, wie ich die Sache sehe, kann ich für euren Gefährten wohl auch nichts mehr tun. Ich will auch eigentlich gar nicht wissen, warum ihr es mit Longollion zu tun bekommen habt. Aber ich kann euch versichern: Dieser verdammte Elf wird euch so lange suchen, bis er euch gefunden hat. Und er genießt großen Respekt bei Fürst Tovomir Svensson, dem trotteligen Herrscher von Yadmar. Hat noch nicht mal einen richtigen Bart im Gesicht und schon herrscht er über eine ganze Stadt. Wenn ich da an früher denke … Aber lassen wir das. Somit habt ihr vermutlich auch die Stadtwachen weiter gegen euch. Ich sage es ja nur ungern, aber ihr werdet die Stadt verlassen müssen, hier ist es für euch nicht mehr sicher.«
Mit feuchten Augen blickte Laurin zu Patrik. »Aber wie sollen wir von hier fliehen? Draußen wimmelt es von Stadtwachen und ich kann Lyle nicht bis zum Stadtrand tragen. Selbst wenn er überleben sollte, werden wir zu langsam sein, um unbemerkt fliehen zu können.«
»Ich kann euch helfen. Ich kann ihn nicht heilen, aber ich habe eine Idee, wie ich euch aus der Stadt rausbekomme. Wir sind gerade dabei, mehrere Wagen mit Erzen zu beladen. Und die Lieferung ist für jemanden bestimmt, der nicht in dieser Stadt lebt. Ich werde euch auf einem der Wagen mitfahren lassen, hinten auf der Ladefläche. Mit etwas Glück kann ich euch somit aus der Stadt schmuggeln. Wir sollten jetzt nur hoffen, dass man meine Wagen nicht kontrolliert.« Er beugte sich runter zu Lyle, stellte die Laterne ab und hob ihn sanft auf. »Nimm du die Laterne, ich trage deinen Freund nach vorne. Dort befindet sich das eigentliche Lager und meine Männer verladen gerade.« Ohne zu zögern, schnappte Laurin sich die Laterne und verschwand mit Patrik durch die Tür in die Lagerhalle.
Im vorderen Teil der Halle herrschte ein reges Treiben. Ein großes Eingangstor befand sich ungefähr vierzig Fuß entfernt und es stand weit offen. Laurin konnte sehen, wie einer der Planwagen gerade das Tor passierte und auf die Straße hinausfuhr. Noch immer regnete es heftig und sofort ertönte ein prasselndes Geräusch von der Plane des Wagens. »Gerade noch rechtzeitig«, murmelte Patrik. Zielgerichtet ging er auf den Planwagen zu, der als Letztes in der Reihe stand, und hob Lyle vorsichtig auf die Ladefläche. Laurin kletterte hinterher und zerrte Lyle in den hinteren Teil des Wagens zwischen die Kisten. Scheinbar hatte sie niemand bemerkt.
»Versteckt euch gut. Und noch etwas: Wenn ihr unterwegs seid, sagt kein Wort. Ich werde meinen Leuten nichts sagen, es ist besser so. Falls ihr dennoch in eine Kontrolle kommt und entdeckt werdet, möchte ich meine Männer nicht mit hineinziehen. Ich hoffe, ihr versteht das. Und auch ich muss dann meine Hände in Unschuld waschen und mein Wissen über euch abstreiten. Sonst komme ich am Ende auch noch in große Schwierigkeiten.«
Laurin nickte und blickte Patrik dankbar an.
»Keine Sorge, sollte man uns schnappen, werde ich leugnen, euch zu kennen und angeben, dass wir uns heimlich und ohne euer Wissen auf diesen Wagen geschlichen haben. Ich danke euch für alles. Ihr kennt uns nicht und doch habt ihr uns geholfen. Wie sollen wir das jemals wiedergutmachen?«
»Das ist schon in Ordnung. Es war mir eine Freude, euch kennenzulernen, kleiner Halbling. Ich bin fest davon überzeugt, dass viel Gutes in Euch steckt. Irgendwann werdet ihr schon die Gelegenheit bekommen, euch zu revanchieren. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Wenn ihr am Ziel seid, fragt nach Yugo. Er wird sich um deinen Freund Lyle kümmern können. Ich hoffe, er hält bis dahin durch.« Er blickte noch einmal kurz nach vorne. »Immerhin, lange wird die Fahrt ja nicht dauern«, setzte er mit einem kleinen Augenzwinkern nach.
»Wie meint ihr das, die Fahrt wird nicht lange dauern?«, fragte Laurin verwirrt.
Doch Patrik winkte nur ab und zog hastig die Plane runter. »Es geht los. Lebt wohl und viel Glück.«